Alles über Chili
Ich persönlich kann mir ja Kochen (und bei Brownies mit Extrakick auch Backen) ohne kaum vorstellen: Chilis. Die kleinen feurigen Schoten aus der Familie der Paprikagewächse bringen nun mal die ultimative Schärfe auf den Teller. Ob frisch, getrocknet, gemahlen, eingelegt, zu Würzsoße verarbeitet oder als natürliches Aroma in Öl – Chilis sind einfach wunderbar vielseitig. Damit aus ihrem delikaten Kitzeln und Kribbeln im Mund kein unangenehmes Brennen wird, kommt's neben der richtigen Dosierung auch auf die Sorte an.
Scharf ist nicht gleich scharf
Eins vorweg: Nicht jeder Chili ist ein teuflisch scharfes Gewürz! Es gibt eine schier unendliche Sortenvielfalt, Tendenz durch Neuzüchtungen und Kreuzungen steigend. Darunter auch gänzlich unscharfe. Baby Bell zum Beispiel ist ein solcher sehr milder Chili, der sogar regelrecht süß schmeckt. Auch die in jedem Supermarkt erhältlichen, meist mit Schärfegrad 2 eingestuften milden Peperoncini-Sorten entlocken waschechten Scharfessern nicht mal ein Zucken mit dem Mundwinkel, vermitteln weniger hartgesottenen Gaumen aber durchaus schon die typische Chili-Schärfe. Wobei Chilis auch nicht einfach nur unterschiedlich scharf sind, sondern zusätzlich mit fruchtigen Duft- und Geschmacksnuancen überraschen können. Lemon Drop beispielsweise, die schon zu den wirklich feurigeren Sorten zählt, begeistert neben nennenswerter Schärfe mit ihrem wunderbar zitronigen Aroma (der Name kommt schließlich nicht von ungefähr und auch nicht nur von ihrem zitronengelben Äußeren).
Je mehr Scoville, desto schärfer
Was die Schoten nun überhaupt erst so scharf macht, ist Capsaicin, eine natürlich vorkommende, organische Verbindung. Von dieser Substanz ist in den unzähligen Chili-Sorten unterschiedlich viel enthalten. Der Erste, der die davon hervorgerufene spezifische Schärfe von Chilis gemessen hat, war der US-amerikanische Pharmakologe Wilbur Lincoln Scoville. Das war 1912. Heute sind die Messverfahren technisch-raffinierter Natur, angegeben wird die Schärfe aber immer noch in Wilburs Werten, nämlich SHU für "Scoville Heat Units". Der Wissenschaftler testete seinerzeit einfach, wie viele Milliliter Wasser es braucht, bis man darin 1 ml reines, aus der jeweiligen Chili-Sorte gewonnenes Capsaicin nicht mehr schmeckt. Für eine milde Sorte, die bereits mit 1 l Wasser komplett "entschärft" war, ergab sich somit ein Wert von 1.000 SHU. Als Referenz: Pures Capsaicin hat einen Wert von 16.000.000 auf der Scoville-Skala.
Der schärfste Chili der Welt
Wo's scharf ist, muss es natürlich auch das Schärfste geben. Das ist auch in der Welt der Chilis so. 1994 war die kalifornische Habanero-Variante Red Savina mit über 570.000 SHU offiziell der schärfste Chili dieser Welt. Sechs Jahre später machte ihm dann der aus Assam in Indien stammende Naga Jolokia, auch Bhut Jolokia genannt, mit 855.000 Scoville-Einheiten diesen wirklich begehrten Titel streitig. Und gestritten wurde darüber, bis Ende 2006/Anfang 2007. Da listete schließlich das Guinnessbuch der Rekorde den Jolokia mit etwas mehr als sagenhaften 1.000.0000 Scoville offiziell als weltschärfsten Chili. Weitere sechs Jahre später war auch dieser Schärfe-Rekord Geschichte. Denn seit 2013 macht der Carolina Reaper, der "Sensenmann aus Carolina", seinem Namen mit geschmacklich recht unfassbaren 1.569.300 SHU alle Ehre und ist bis heute offiziell der Schärfste der Schärfsten. Man darf gespannt sein, wie lange er das noch bleibt. Denn der Steigerungswahn unserer Zeit macht selbst vor den kleinen Schoten keinen halt. Immer noch schärfere Varianten werden gezüchtet. Echten Chili-Fans wird es jedoch nie um die größtmögliche Schärfe gehen. Sondern immer um das faszinierende Gesamtaroma. Einfach nur höllisch scharf, ist einfach an der Sache vorbei.
Tipps zur Handhabung der scharfen Schätzchen
Ziemlich unverzichtbar für eine möglichst tränenfreie Begegnung mit den kleinen Scharfmachern: Einmalhandschuhe! Denn Capsaicin reizt auch die Haut (ist zwar toll für die Durchblutung, macht die weitere Essenszubereitung aber nicht unbedingt einfacher – und brennt je nach Sorte wirklich noch stundenlang). Auf keinen Fall mit "Chili-Fingern" auch nur in die Nähe der Augen kommen! Selbst die Dämpfe, die beim Kochen mit Chilis entstehen, können Augen und Nase reizen – allerdings ist das nur bei den wirklich scharfen Sorten der Fall. Besonders konzentriert ist das Capsaicin in den weißlichen Trennwänden und Samenkörnern der Schote. Für den Extrakick Schärfe also gerne beides mitverwerten, ansonsten lieber vorm Verarbeiten entfernen. Und wenn's dann später doch mal (zu stark) brennt im Mund, immer daran denken: Capsaicin ist fett- aber nicht wasserlöslich. Deshalb sind zum "Löschen" schon ein paar Schlucke Milch oder ein großer Löffel Joghurt sehr viel sinnvoller und effizienter als ein ganzes Glas Wasser. Generell sorgen alle Milchprodukte außerdem durch das ihnen von Natur aus enthaltene Casein für Linderung bei "Chili-Brand".
Privates Chili-Paradies
Übrigens gedeihen Chilis auch auf dem Balkon und sogar auf der Fensterbank. Als richtige kleine Beauties präsentieren sich dabei dann auch die Blüten der Chilipflanze. Wer selber Chili pflanzen möchte, findet heutzutage eine reiche Auswahl an Saatgut. Wegen der vielen spannenden Sorten und Möglichkeiten lohnt es sich, der Thematik des Selberzüchtens ein wenig auf den Grund zu gehen, bevor man loslegt. Besonders schnell zur eigenen Ernte gelangt man mit bereits Früchte tragenden Chilipflanzen. Die sind mit ihren, je nach Sorte leuchtend gelben, knallorangefarbenen, intensiv grünen, feuerroten oder schokobraunen bis glänzend schwarzen Schoten auch direkt ein Augenschmaus. Selbst die leuchtend rote Carolina Reaper ist hierzulande mittlerweile als Jungpflanze im Topf zu haben. Schärfer geht's ja, zumindest noch, nun wirklich nicht.