Verpackungsfreie Supermärkte
Immer mehr verpackungsfreie Supermärkte öffnen ihre Türen. Dabei ist diese Art des Einkaufens deutlich aufwendiger als ein normaler Gang in den Supermarkt. Können solche Geschäfte trotzdem funktionieren? Wir haben mit den Machern von „Unverpackt“ und „Ohne“ gesprochen. „Wir möchten einen Ort schaffen, der es möglich macht, Verpackungsmüll zu vermeiden und Lebensmittelverschwendung zu verringern“, so Hannah Sartin. Zusammen mit ihrem Partner Carlo Krauß möchte sie „Ohne“ eröffnen: Münchens ersten verpackungsfreien Supermarkt. Die Idee dazu entstand mit der Geburt ihres ersten Kindes vor dreieinhalb Jahren. Damals stellten die jungen Eltern vieles noch einmal ganz neu in Frage. „Immer wieder haben wir uns mit unterschiedlichen Lebenskonzepten auseinandergesetzt, waren jedoch nicht davon überzeugt, dass diese für uns umsetzbar sind“, erinnert sich Hannah Sartin. Als im letzten Jahr in anderen Städten verpackungsfreie Supermärkte eröffnet wurden, fingen auch sie an, sich intensiv mit dem Zero-Waste-Lebensstil auseinanderzusetzen. „Wir haben Stück für Stück angefangen unser Leben umzustellen“, erzählt sie. „Im Zuge dieser Umstellung reifte auch der Entschluss, eine verpackungsfreie Alternative für München zu eröffnen und „Ohne“ war geboren.“ Heute – ein paar Monate später – steht bereits die Finanzierung des besonderen Supermarkts. Über das Crowdfunding-Portal Startnext sammelten die jungen Eltern über 48.000 Euro. „Die Planung ist nun in vollem Gange. Wir suchen nach wie vor nach einer Immobilie. Das stellt in München durchaus eine Herausforderung dar.“
Bereits erfolgreich - „unverpackt“ in Kiel
Dass Lebensmittelgeschäfte wie diese tatsächlich funktionieren können, zeigt „Unverpackt“ in Kiel. Vor eineinhalb Jahren feierte der verpackungsfreie Supermarkt Eröffnung. Die Kundenzahlen steigen seitdem stetig. „Man merkt, dass sich in Deutschland zurzeit eine Bewegung entwickelt. Immer mehr Menschen interessieren sich für eine nachhaltige Lebensweise“, so Madline Lentins. „So soll „Unverpackt“ nicht nur dabei helfen, Einwegverpackungen einzusparen, sondern auch dabei, den Konsum zu entschleunigen und nur die Mengen zu kaufen, die man wirklich braucht. Denn wer überlegter einkauft, ernährt sich bewusster und wirft weniger weg.“
Es gibt einige Gründe, auf Verpackungen zu verzichten. So verursachen Lebensmittelverpackungen riesige Mengen an Abfall. Einen großen Anteil davon machen besonders umweltschädliche Einwegverpackungen oder nur schwer recyclebare Kunststoffverpackungen aus. Kritiker halten dagegen, dass verpackte Lebensmittel deutlich länger haltbar und vor allem vor Verunreinigungen geschützt sind. Ein Problem, das man bei „Unverpackt“ in Kiel trotz fehlender Verpackung nicht sieht: „Bei uns gilt ebenfalls, dass die Kunden nicht in direkten Kontakt mit den Lebensmitteln gelangen. Auch kommt, wie an der gewöhnlichen Käsetheke, keine Frischhaltebox hinter, sondern ausschließlich auf den Tresen. Alle Hygienevorschriften werden eingehalten“, so Madline Lentins.
„Manche schreckt das ab“
Wer in verpackungsfreien Supermärkten einkaufen möchte, bringt in der Regel die Behälter für die Lebensmittel von zu Hause mit. Für den Verbraucher entsteht so ein höherer Aufwand. „Manche schreckt das tatsächlich ab“, so Madline Lentins. „Wer ausschließlich Unverpacktes möchte, muss sich bereits vor dem Einkauf überlegen, was er Essen möchte und entsprechende Behälter einpacken. Das ist natürlich eine Umstellung. Sollte aber dennoch einmal ein Spontankauf nötig sein, halten wir auch Notfalltütchen aus Papier bereit.“ Auch Hannah Sartin ist davon überzeugt, dass das Konzept ihres verpackungsfreien Supermarkts trotz höherem Aufwand für den Verbraucher funktionieren kann. Gewohnheiten könne man umstellen und für Spontankäufe werde es bei „Ohne“ Leihbehälter geben. „Auch einen Lieferservice bieten wir an. Dann muss der Kunde nur bestellen und der Einkauf wird CO2-neutral mit dem Lastenrad zu ihm nach Hause geliefert.“ Verpackungsfrei einkaufen für bequeme Weltverbesserer.
Fotos Unverpackt: Berit Ladewig