Hamburger Tomatenretter kämpfen für alte Sorten
„Wer einmal eine unserer Tomaten gekostet hat, weiß, worum es geht“, kann man auf der Website der Tomatenretter lesen. Der Verein baut alte Sorten an, die im Supermarkt nicht zu erwerben sind. Denn die Zulassung von Sorten ist aufwendig und teuer. Die Kriterien dafür erfüllen meist nur hochgezüchtete Hybridsorten, die zwar großen Ertrag bringen, aber weder auf regionale Anforderungen spezialisiert noch „samenfest“ sind. Aus ihren Samen kann man also keine neuen Pflanzen ziehen. Daraus resultiert, dass viele Bauern jedes Jahr neues Saatgut für ihren Gemüseanbau kaufen müssen. Damit verdienen die wenigen Konzerne, in deren Hand unser Saatgut liegt, viel Geld, vor allem seit die Patentämter in den Achtzigerjahren damit begannen, Patente auf gentechnisch veränderte Pflanzen zu erteilen.
Von 15.000 Tomatensorten ist nur ein Bruchteil zugelassen
Die Patentinhaber können entscheiden, wer ihr Produkt anbauen darf und wer nicht. Die meisten Patente auf Gen-Pflanzen in Europa hält BayerMonsanto. Der Megakonzern kontrolliert auch den Markt für konventionelles Saatgut. Initiativen wie die Hamburger Tomatenretter wehren sich gegen die Vormachtstellung der Konzerne, indem sie alte Sorten vermehren und sie so vor dem Aussterben bewahren. Von den weltweit 15.000 Tomatensorten ist nur ein kleiner Teil für den Handel in Europa zugelassen. Damit ist die Geschmacksvielfalt auch in Deutschland stark eingeschränkt. Der Wunsch nach schmackhaftem Gemüse war für die Tomatenretter der Grund, mit dem Anbau alter Sorten zu beginnen. Denn ihrer Meinung nach schmeckt altes, sortenreines Gemüse reichhaltiger als die Hybridzüchtungen, die es im Supermarkt zu kaufen gibt. Auf dem „Hof vorm Deich“ im Hamburger Südosten wachsen nun seit einigen Jahren exotisch klingende Tomatensorten wie „Apricot Brandywine“, „Die Gelbe von der Krim“, „Magic Freak“ oder „Roughwood Golden Tiger“. Sie sind gelb, orange, rot und violett; einfarbig, gescheckt und marmoriert; kugelrund bis oval; klein wie Murmeln und groß wie Tennisbälle.
Pate von Tomatensorten werden / Gemüse selbst anziehen
Die Tomatenretter lassen am Hamburger Stadtrand die Vielfalt wieder aufleben – ohne Preisschilder, ohne Normen. Ihr Konzept: Gegen einen Förderpreis von fünf Euro im Monat kann jeder Pate einer Tomatensorte werden. Um Aufzucht und Pflege kümmert sich das Team. Im Sommer gibt es für alle Paten drei Kilogramm Früchte, Zugriff auf das Saatgutarchiv haben sie jederzeit. Mit dem Förderbeitrag werden lediglich Werkzeuge und Maschinen finanziert, die die Tomatenretter für ihre Arbeit brauchen. Das Ziel ist, möglichst viele Menschen von der Idee zu begeistern, im Garten oder auf dem Balkon selbst Stauden großzuziehen und somit unbekanntere Tomatensorten zu verbreiten. Wenn auch ihr Lust habt, alte Gemüsesorten anzuziehen, könnt ihr zum Beispiel hier entsprechendes Saatgut bekommen:
https://www.dreschflegel-saatgut.de/,