Ackern schafft Wissen
Nur wenige Kinder und Jugendliche in Deutschland wissen, wo ihre Lebensmittel wirklich herkommen. Noch weniger haben schon einmal selbst Gemüse angebaut. Denn auch ihre Eltern verlieren zunehmend den Zugang zur natürlichen Lebensmittelproduktion. Schockierend ist, dass dafür Übergewicht, Diabetes und Mangelernährung bei Kindern kontinuierlich zunehmen. Durch die Beschleunigung unseres gesellschaftlichen Lebens und veränderte Prioritäten im Bildungssystem scheint es immer weniger Raum für naturnahe Bildungsangebote zu geben. Als Konsequenz daraus sinkt die Wertschätzung für Lebensmittel und gesunde Ernährung. Um dem entgegenzuwirken hat der Verein Ackerdemia die Gemüse-Ackerdemie ins Leben gerufen. Eine spannende Initiative. „Wir bringen das über Jahrhunderte bewährte Konzept des Schulgartens ins 21. Jahrhundert und passen es an die heutigen Ansprüche von Schulen, Kitas, Lehrern, Erziehern, Kindern und Jugendlichen an“, erklärt Christoph Schmitz, Gründer der Gemüse-Ackerdemie.
Wie funktioniert die Gemüse-Ackerdemie?
Die Gemüse-Ackerdemie wird individuell in das bestehende Bildungskonzept der teilnehmenden Einrichtungen integriert. Für die Durchführung des Programms stellt Ackerdemia alles Notwendige zur Verfügung: Einrichtung von Ackerflächen, Bestellung von Saat- und Pflanzgut, wöchentliche Fachinformationen, Fortbildungen sowie koordinative Leistungen, die einen reibungslosen Ablauf garantieren. Lehrer und Erzieher erhalten außerdem ein umfangreiches Curriculum, das sich an der UNESCO-Bildungsoffensive „Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ orientiert und das Acker-Jahr (Februar bis Januar) anhand von 20 Bildungsbausteinen begleitet.
Einblick in die Produktionskette
Die Bearbeitung der Ackerflächen erfolgt durch die Kinder und Jugendlichen. Aufgeteilt in kleine Acker-Teams und jeweils begleitet von einem ehrenamtlichen Mentor (Student, Elternteil, Rentner) sind die Kids für ihren eigenen Teil des Ackers verantwortlich. Sie bauen unter fachlicher und pädagogischer Anleitung während des Acker-Jahres eigenständig mehr als 25 Gemüsearten an und gewinnen so ein grundlegendes Verständnis für die Erzeugung von Lebensmitteln. Das geerntete Gemüse dürfen die jungen Teilnehmer selbst verwerten oder zum Beispiel in Form von Biokisten an Eltern und Lehrer „vermarkten“. Dadurch erhalten sie erste Einblicke in marktwirtschaftliche Prozesse und bekommen die vollständige Produktionskette des Gemüseanbaus vermittelt.
Mehr als 1.600 Kinder ackern schon
Angefangen hat alles mit einem einzigen Lernort und 30 teilnehmenden Kindern. Im Pilotjahr 2014 waren es schon sechs Einrichtungen und 120 Kinder. „Inzwischen setzen wir die Gemüse-Ackerdemie an mehr als 50 verschiedenen Standorten in acht Bundesländern sowie Österreich um und erreichen über 1.600 Kinder und Jugendliche“, so Christoph Schmitz. Das ganzjährige Programm richtet sich an sämtliche Bildungseinrichtungen im Kinder- und Jugendbereich. Schwerpunktgegenden sind derzeit Berlin/Brandenburg und Nordrhein-Westfalen, aber auch in anderen Bundesländern entscheiden sich mehr und mehr Schulen und Kitas, die Gemüse-Ackerdemie in ihr Bildungsprogramm zu integrieren. „Langfristig möchten wir die Gemüse-Ackerdemie an jeder interessierten Einrichtung deutschlandweit anbieten können und somit möglichst viele Kinder und Jugendliche unterschiedlicher sozialer Herkunft erreichen“, sagt Schmitz. „Unser Ziel ist es, eine Generation junger Konsumenten auszubilden, die sich durch ein grundlegendes Verständnis der natürlichen Prozesse und ein bewusstes Konsumverhalten auszeichnet.“