5 Fragen an... – Barista Jörg Studt
Coffee to go ist nicht neu. Aber Barista to go? Auch nicht! Kaffeefachmann Jörg Studt hat als "Barista to go" seine Passion für den perfekten Kaffee auch außerhalb von Café und Kaffeehaus schon lange bevor Baristas richtig trendy wurden zum Beruf gemacht. Manchmal fällt der Apfel ja wirklich nicht weit vom Stamm. Wie im Falle von Jörg Studt, dem – als Enkel eines norddeutschen Kaffeerösters – die Liebe zur koffeinhaltigen Bohne tatsächlich in die Wiege gelegt wurde. Frisch von einem kleinen feinen Lounge-Event im Rheinhessischen zurückgekehrt, war der Wahl-Rheinländer und Italien-Liebhaber (der mit seinem Kaffeekönnen nicht nur private Feiern und Firmenveranstaltungen, sondern unter anderem auch die Fashion Week in Berlin regelmäßig lukullisch bereichert) beim Interview für den EMSA-Blog sofort dabei. Darin gibt er unter anderem einen kleinen Einblick in die "Kaffeetypen-Psychologie" und verrät, auf welche Kleinigkeit es beim Kaffeemachen besonders ankommt.
Mit der Idee, das Zubereiten von Kaffee zu deinem Beruf zu machen, warst du deiner Zeit ja echt voraus. Wie bist du darauf gekommen?
Ja, das war ich in der Tat, damals vor knapp 15 Jahren. Entstanden ist die ganze Geschichte aus einem Catering, das ich damals mit meinem eigenen Restaurant / Café gemacht habe, aushäusig auf einem Landgut im Bergischen. Dort war ich sozusagen der "König der Kaffeemaschine", alle fanden's toll und nach diesem Hof-Fest habe ich mich entschieden, das zu einem Beruf zu machen und zu einer Firma zu gestalten.
Jetzt mal ehrlich, kann ich als kaffeeliebender Normalo ohne all das spezifische Wissen eines Baristas überhaupt erkennen, was qualitativ wirklich guter Kaffee ist?!
Das kann prinzipiell eigentlich jeder mit seinem Geschmack klar machen – was schmeckt mir, was nicht. Man hört immer viel über "bitter", "Bitterstoffe", "Bitternoten" – es ist immer eine Sache der Zubereitung, warum ein Kaffee dann bitter schmeckt oder man ihn als bitter empfindet. Viele empfinden auch die feine erwünschte Säure als "zitronig sauer", und das ist eine Frage der Herkunft und Beschaffenheit der Bohne. Grundsätzlich kann ich aber einen guten Kaffee eigentlich nur in "reiner Kaffeeform", sprich als Espresso oder guten gefilterten schwarzen Kaffee erkennen – wenn er keine Bitterstoffe hat, also mit der richtigen Temperatur aufgebrüht und richtig gemahlen ist, damit eben alle ätherischen Öle rauskommen.
Welche Art von "Kaffeezubereitungsgerät" ist denn dann überhaupt das empfehlenswerteste? Weil ja nicht jeder eine Profimaschine zu Hause hat...
Stimmt, aber grundsätzlich kann man mit allen Arten, die es auf dem Markt gibt, einen guten Kaffee herstellen; sei es mit einer French Press, sei es mit der klassischen Drehkanne, auch Bialetti genannt, oder einem Handfilter – und zwar egal, ob traditionellem Melitta- oder neuem V60-Filter. Wenn man verstanden hat, wie Kaffee "funktioniert", dann lässt sich mit jeder Methode ein hervorragender Kaffee machen.
Und wie "funktioniert" Kaffee?
Kaffee funktioniert ganz einfach: Er mag kein überhitztes Wasser. Kaffee muss bei einer bestimmten Temperatur aufgebrüht werden, die deutlich unter 100 °C liegt! Also nicht mit dem noch kochend heißen Wasser aus dem Wasserkocher; das ist definitiv zu heiß, verbrennt den Kaffee und ruiniert damit den gesamten Prozess des Kaffeemachens. Das Allerwichtigste ist wirklich auch zu Hause, im Privaten, die Temperatur unter 100 °C zu halten, wenn's geht so um die 85 – 95 °C. Und dann entsprechend mahlen, frisch am besten, um schließlich schonend aufzugießen. Oder auch in der French Press entsprechend mit dem richtigen, etwas gröberen Mahlgrad und eben dem richtig temperierten Wasser das beste und genussvollste Ergebnis rauszuholen.
"Sage mir, wie du deinen Kaffee trinkst, und ich sage dir, wer du bist!" – Gibt es so etwas wie eine Kaffeetypen-Psychologie?
(Lacht) Die gibt es durchaus! Ich bin ja seit über 10 Jahren auf Messen und Veranstaltungen unterwegs und in der Regel habe ich eine Trefferquote von fast 98 %, wenn ich sage "Du brauchst jetzt einen Cappuccino" oder "Du brauchst jetzt einen Latte Macchiato" oder "Du brauchst jetzt was zum Wachwerden und kriegst einen Espresso oder Espresso Macchiato!". Erkennen kann man die Typen eigentlich nur, wenn man viel mit Menschen arbeitet, sie studiert, und das kann man halt hervorragend auf Messen und Veranstaltungen. Bei den Damen ist es relativ einfach, da ist es in der Regel der Cappuccino oder, wenn's nicht so stark sein soll, der Latte Macchiato. Und bei den Herren der Schöpfung ist es eigentlich der "ganz normale" Kaffee, schwarz. Dann gibt es noch die Espresso-Trinker, die sind aber in Deutschland immer noch sehr gering. Das ist so meine Erfahrung. Es gibt inzwischen auch mehr Puristen, Milch wird immer weniger im Kaffee getrunken, finde ich, und es wird auch weniger gesüßt. Ein gut aufgeschäumter Cappuccino Italiano zum Beispiel, mit den richtigen Mengenverhältnissen und sorgfältig geschäumter Milch, der ist von sich aus süß.
Kleine sechste und damit Bonusfrage dann zum Schluss: Verrate uns doch bitte noch, was Du von kaltem Kaffee in Form des immer angesagter werdenden Cold Brews hältst!
Cold Brew ist ne heiße Geschichte! Die diesen Sommer auch wieder sehr viel Popularität gewonnen hat. Er ist einfach auch ne tolle Art, um raffinierte Cocktails zu kreieren: beispielsweise den Cold Brew mit Tonic aufgießen und in eine Iced Latte schütten – oder umgekehrt. Er ist einfach eine feine Kaffee-Variante, die gerade bei den jungen Leuten sehr beliebt ist. Mein persönlicher Favorit ist allerdings der klassische Shakerato aus Italien: Fünf Eiswürfel, die mit einem heißen doppelten Espresso übergossen, mit Zucker oder Sirup aufgeshakert und in ein Cocktailglas gut abgeseiht werden. Das kann man dann noch mit Grappa verfeinern, ist aber auch ohne schon ein ganz feines Kaffeegetränk!