Backen mit Lavendel
Kennt ihr auch diese Frühsommertage, an denen die Luft irgendwie wie Champagner ist? Ich liebe sie! Auch wenn es mir an solchen Tagen wirklich schwerfällt, diszipliniert am Schreibtisch zu sitzen und zu arbeiten, statt stundenlang durch den Park zu spazieren. Oder den halben Tag einfach mit süßem Nichtstun auf dem Balkon zu verbummeln. Oder der Versuchung zu widerstehen, mich in die Küche zu stellen und mal eben schnell ein Blech duftender Lavendel-Zitronen-Kekse zu backen! Die sind meiner Meinung nach nämlich das perfekte Gebäck für solche Tage. Und außerdem stimme ich Oscar Wilde zu: Versuchungen sollte man nachgeben. Zumindest ab und an. Erst recht, wenn es sich dabei um Gaumenfreuden und Geschmackserlebnisse handelt. Die sich auch noch ziemlich schnell und unkompliziert zaubern lassen...
Der Geschmack der Provence
Zugegeben, der Geschmack von Lavendel polarisiert. Entweder man mag ihn wirklich oder man findet ihn schlicht indiskutabel. So wie meine Freundin Zuzana, die bei dem Wort "Lavendel-Kekse" jedes Mal das Gesicht verzieht. Als Koch- und Backzutat ist er hier bei uns ja auch ziemlich exotisch. Man kennt ihn bestenfalls als Bestandteil in Kräuter der Provence, dieser klassischen Fertigmischung aus getrocknetem Oregano, Rosmarin, Bohnenkraut, Thymian, Basilikum und manchmal eben auch Lavendel – die man in der Provence übrigens vergeblich sucht. Aber das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls verwenden die Franzosen den Lippenblütler in der Küche auch solo, und zwar für Herzhaftes genauso wie für Süßes. Wer zum allerersten Mal mit Lavendel backt, sollte sich in Sachen Dosierung vorsichtig rantasten. Denn das Aroma der hübschen kleinen lila Blüten ist schon recht intensiv. Zuviel davon schmeckt schnell nur noch seifig bis bitter. Wie bei allen Gewürzen gilt auch für Lavendel, dass die frischen Blüten geschmacksstärker sind als getrocknete. Wieviel genau nun "richtig" ist, entscheidet letztendlich – wie immer – der persönliche Geschmack. Für meine nach Süden und Sommersonne schmeckenden Lavendel-Zitronen-Kekse musste ich auch erst ein bisschen tüfteln, bis ich eine empfehlenswerte Lavendeldosis raushatte. Im ersten Anlauf schmeckte und duftete der Rohteig perfekt! Beim Backen verlor sich aber so viel Aroma, dass man den fertigen Keksen ihre provenzalische Note gar nicht mehr anmerkte – weder auf der Zunge, noch in der Nase. Ein paar Backbleche später war das Südfrankreich-Feeling aus der Küche dann aber mit diesem Rezept ziemlich gelungen.
Lavendel-Kekse
- 50 g feiner Zucker
- Weiteren Zucker zum Bestreuen
- 2 Tl getrocknete Lavendelblüten
- Weitere Lavendelblüten zum Bestreuen
- 100 g weiche Butter (zimmertemperiert)
- 185 g Mehl
- 2 große Bio-Zitronen
- Lavendelblüten und Zucker in der Küchenmaschine oder dem Standmixer kräftig miteinander mischen und die Blüten dabei zerkleinern. Wer keinen Standmixer hat, mischt das Ganze einfach mit den Fingern und zerreibt dabei die Blüten.
- Zitronen heiß waschen, trocknen und die Schale so fein wie möglich abreiben. Eine Zitrone anschließend halbieren und eine Hälfte auspressen.
- In einer großen Schüssel den Lavendelzucker mit der Butter verquirlen. Das Mehl dazusieben und gut vermischen, so dass ein streuseliger Teig entsteht. Dann den Zitronensaft und die Hälfte des Abriebs dazugeben und mit den Knethaken des Handmixers (oder der Küchenmaschine) so lange verkneten, bis ein gleichmäßiger und ziemlich fester Teig entstanden ist. Bei Bedarf noch etwas mehr Mehl hineinsieben – ist der Teig allzu geschmeidig, lässt er sich weder ausrollen noch ausstechen.
- Den fertigen Teig mit den Händen zu einer Kugel formen, in Frischhaltefolie wickeln und 30 Minuten im Kühlschrank ruhen lassen.
- Den Backofen auf 160° Ober- und Unterhitze vorheizen und ein Backblech mit Backpapier auslegen.
- Den Teig auf einer leicht bemehlten Fläche dünn ausrollen und einzelne Kekse ausstechen (oder ausschneiden). Auf das Blech legen und jeden Keks mit etwas Zucker, Zitronenabrieb und vereinzelten Lavendelblüten bestreuen.
- Im unteren Drittel des Backofens für ca. 15 – 20 Minuten backen. Nach etwa 10 Minuten mit Alufolie abdecken, damit die Lavendelblüten und der Zitronenabrieb nicht zu braun werden (was sowohl optische als auch geschmackliche Einbußen mit sich brächte). Die genaue Backzeit hängt von der Dicke und Größe der Kekse ab. Sehr dünn ausgerollt und sehr klein ausgestochen, können sie auch schon nach 10 Minuten fertiggebacken sein. Habt einfach ein Auge darauf und das im Zweifelsfall lieber einmal mehr als zu selten.
Kleine Randnotizen
Es gibt über 20 verschiedene Lavendelarten. Als aromatischste für Speisen gilt der sogenannte "Echte Lavendel" (mit dem klangvollen botanischen Namen Lavandula angustifolia). Getrockneten Lavendel gibt's bei uns leider nicht an jeder Ecke, fündig wird man aber beim sehr gut sortierten Gewürzhändler – oder notfalls sogar in der Apotheke. Wenn ihr Lavendel im Garten oder auf dem Balkon habt und ganz sicher sein könnt, dass er nicht pestizidbelastet ist, könnt ihr natürlich auch gleich den nehmen. Entweder verwendet ihr ihn frisch oder ihr schneidet einige Stiele ab, bindet sie zusammen und hängt sie erst kopfüber einige Tage zum Trocknen auf. Wem die genannte Lavendelmenge schon zu lavendelig erscheint, der siebt den Zucker nach dem Mischen durch ein sehr feines Sieb und filtert so die zerkleinerten Blüten raus. Auch ohne das dekorative Extra an Blüten obendrauf, wird die Lavendelnuance noch subtiler und die Kekse lediglich damit "parfümiert".
Die Zitrone kann man natürlich auch komplett weglassen und das Lavendelaroma ganz pur genießen. Ohne die Zugabe von Zitronensaft braucht man dann auch nur 150 g Mehl. Alternativ harmoniert der Geschmack von Lavendel auch sehr schön mit Vanille. Probiert's einfach aus! Ihr wisst ja: Gut ist, was schmeckt und die Geschmäcker sind verschieden.
Hausgemachter Kurztrip gen Süden
Wenn ihr euch schon während des Backens plötzlich an den Rand eines blühenden Lavendelfeldes in der Provence versetzt fühlt, liegt das an dem Duft, den die kleinen Köstlichkeiten schon aus dem Ofen heraus verströmen. Wenn sie dann schließlich fertiggebacken sind, nehmt ihr das Blech aus dem Ofen und lasst sie darauf ein paar Minuten abkühlen. Jetzt noch eine schöne große Tasse Café au Lait dazu und ab geht's nach Südfrankreich. Zumindest geschmacklich, wenigstens für ein Viertelstündchen. Bon appétit!