Alles über Kakao
Was wäre die Welt ohne Kakao?! Auf jeden Fall schon mal ärmer um Köstlichkeiten wie Schokolade und eins der leckersten Getränke ever. Grund genug, sich den kleinen Powerbohnen, die aus der Genuss-Welt gar nicht mehr wegzudenken sind, mal etwas intensiver zu widmen.
Die Herkunft des Kakaos und seine Geschichte
Kakao wächst direkt am Stamm und lediglich vereinzelt auch an den Ästen des ganz ursprünglich in den dichten Regenwäldern Zentralamazoniens beheimateten, zu den Malvengewächsen gehörenden Kakaobaums. Seinen botanischen Namen Theobroma cacao L. verdankt er dem schwedischen Arzt und Naturwissenschaftler Carl von Linné (der ab Mitte des 18. Jahrhunderts erstmals alle Pflanzen (und auch Tiere) systematisch erfasste und ordnete). Mit dem griechischen Wort Theobroma zollte der Schwede bei der Namensgebung des mit seinen höchstens 8 – 10 m hohen eher kleinen Regenwaldbaums dessen kulturgeschichtlicher Vergangenheit Respekt: Es bedeutet nämlich "Speise der Götter". Und als solche galt Kakao den Azteken und davor schon den Mayas, die als Allererste überhaupt Kakaobäume kultivierten. Das war im 7. Jahrhundert, in Mittelamerika. Die Kakaobohnen nutzten sie vielfach im täglichen Leben; als Opfergaben an die Götter, als Medizin, Zahlungsmittel – und eben auch als Nahrungs- und Genussmittel. Als Getränk zubereitet schätzten den Kakao bereits die Olmeken (ca. 1400 – 400 v. Chr.). In Südamerika hingegen nutzte man lange hauptsächlich die Pulpe, also das die Bohnen umgebende Fruchtfleisch, zur Getränkeherstellung; vergorene Pulpe war ein beliebter Alkohol. Der "xocóatl", das original Kakaogetränk der Mayas und Azteken, wiederum bestand aus Wasser, zerriebenen Kakaobohnen und gemahlenen Chilis, manchmal verfeinert mit Vanille. Für den europäischen Geschmack war dieser herb-bittere Kakao-Drink so gar nichts. Erst als am spanischen Königshof Zucker mit ins Spiel kam, begann man sich auf unserem Kontinent die Lippen nach flüssigem Kakao zu lecken.
Daran, wie resp. durch wen Kakao nach Europa kam, scheiden sich tatsächlich immer noch ein wenig die Geister. Für die einen waren es Mönche, die ihn herbrachten. Für die anderen war es der spanische Eroberer Hernán Cortéz, und zwar in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Der kühne Segler und Entdecker lernte Kakao am Hof des berühmten Azteken-Herrschers Montezuma kennen. Und interessierte sich vor allem dafür, weil diese kleinen Bohnen im Azteken-Reich eben wertvoller waren als Gold. Vor Cortéz war auch dessen Kollege Christoph Kolumbus auf seinen Reisen bereits mit Kakaobohnen in Berührung gekommen; verkannte deren Potenzial aber völlig und erwähnte sie lediglich als "eine Art Mandel", der er weiter keinerlei Beachtung schenkte. In jenen Zeiten kostete ein Truthahn 200 Kakaobohnen, ein Kaninchen 100, ein junges Huhn 30. Eine Avocado war für drei zu haben, eine große Tomate für eine. Montezuma (eigentlich Motecuhzoma, "der zürnende Fürst") soll übrigens nicht weniger als 50 Goldbecher Kakao pro Tag getrunken haben (was locker mehreren Litern entspricht). Das konnte er sich bei den (angeblich) 25.000 Zentnern Kakaobohnen allein in seiner Schatzkammer ja auch leisten.
Der (gar nicht so schnelle) Weg zum Kakao-Genuss
Heute wird Kakao außer in Mittel- und Südamerika auch in Afrika und Südostasien kommerziell angebaut (erfreulicherweise überall immer nachhaltiger). Man mag es kaum glauben, aber Kakaobäume sind sonnenempfindlich. Deshalb wachsen und gedeihen sie seit jeher am besten in Gesellschaft von Pflanzen, die ihnen Schatten spenden. Bis sie das erste Mal Früchte tragen, vergehen rund vier bis fünf Jahre (es dauert allein zwei bis drei Jahre, bis sie das erste Mal ihre gelblich-weißen oder rötlichen kleinen Blüten treiben), die besten Erträge erhält man sogar erst nach zehn Jahren. Kakaobäume mögen keine Trockenheit, Staunässe schon gar nicht, und gegen Wind sind so empfindlich wie gegen direkte Sonne. Dafür haben sie's gerne schön warm (aber nicht zu heiß, am besten zwischen ca. 24 und 28 °C) und lieben eine konstant hohe Luftfeuchtigkeit. Zwar sprießen pro Jahr zwischen 35.000 und 110.000 hübsche kleine Blüten am Kakaobaum, da aber nur höchstens 5 % von ihnen bestäubt werden und von diesen wiederum nur knapp 1 % zu reifen Früchten gedeiht (von Ernteausfällen durch Baumkrankheiten und Schädlingsbefall ganz zu schweigen), beträgt die Jahresernte pro Baum durchschnittlich nicht mehr als rund 2 kg Kakaobohnen. Deren Ernte ist immer noch Handarbeit. Zunächst werden mit scharfen Messern die reifen Früchte so vom Baum abgeschlagen, dass dessen Rinde unversehrt bleibt. An Sammelplätzen werden die Kakaofrüchte dann aufgespalten, um die Kerne mitsamt Pulpe aus der Schale zu lösen und für die anschließende Fermentation in Kästen zu füllen (oder einfach zu Haufen aufzuschichten), die mit Palmblättern abgedeckt werden.
Während der nun einsetzenden Gärung wandelt sich der in Samen und Fruchtfleisch enthaltene Zucker erst zu Alkohol um, der dann weiter und durch den Einfluss von Sauerstoff zu Essig vergärt. Die herben Gerbstoffe oxidieren und das typische Kakaoaroma entsteht. Das Ganze dauert fünf bis zehn Tage. Und auf das richtige Timing ist dabei alles! Dauert die Fermentation nicht lange genug, bildet sich in den Bohnen nicht genug Aroma; dauert sie zu lange, ist die Qualität der Bohnen dahin. Bevor die Bohnen anschließend als Rohkakao verkauft und verschifft werden, trocknet man sie noch mehrere Tage in der tropischen Sonne. Dabei schrumpfen sie auf die Hälfte ihres ursprünglichen Gewichts (von 0,9 bis 1,6 g) zusammen und bilden noch mehr Aromen aus.
Verarbeitung, Sorten, Zahlen und Fakten
Die weitere Verarbeitung der Kakaobohnen – Reinigen, Rösten, Brechen und Mahlen – erfolgt erst nach dem Export, direkt im jeweiligen Verbraucherland. Und hängt auch von der vorgesehenen Verwendung ab: Für Kakaopulver werden gereinigte, geröstete, gebrochene Kakaobohnen so zermahlen, dass eine gleichmäßige, zähflüssige Kakaomasse entsteht. Die wird dann mithilfe extremst starker Pressen entölt. So erhält man zum einen die wertvolle Kakaobutter, zum anderen entstehen dadurch die steinharten braunen Presskuchen, die durch nochmaliges (feinstes) Mahlen zu Kakaopulver werden. Für Schokolade hingegen wird die durch Mahlen entstandene Kakaomasse mit Zucker (und ggf. weiteren Zutaten, häufig auch zusätzlicher Kakaobutter) erst zu einem Brei geknetet, dann gewalzt. Und anschließend bei einer Temperatur von 80 °C solange gerührt (fachsprachlich "conchiert"), bis sie eine cremige Konsistenz hat. Für weiße Schokolade wird statt der Kakaomasse die Kakaobutter verwendet. Die drei wichtigsten Sorten für die Kakao-Erzeugung sind Criollo, Forastero und Trinitario. Criollo ist der edelste Kakao, besticht mit dem intensivsten (dabei zugleich mildesten) und komplexesten Aroma, wurde bereits in präkolumbischer Zeit angebaut, ist aber nicht leicht zu kultivieren, und nicht zuletzt auch wegen seiner Krankheitsanfälligkeit am seltensten (und damit teuersten). Forastero ist der ursprünglich aus dem Amazonas-Becken stammende sogenannte Konsumkakao. Er hat einen kräftigen, aber weniger aromatischen Kakaogeschmack, ist sehr viel robuster und ertragreicher als der Criollo und macht mit über 80 % den absoluten Großteil des weltweit angebauten Kakaos aus. Trinitario ist eine auf Trinidad durch natürlichen Zufall entstandene Kreuzung aus Forastero und Criollo, und wie Letzterer ein Edelkakao. Durch jahrhundertelange gezielte Kreuzungen gibt es heute insgesamt weit mehr als 1000 verschiedene Kakaosorten; die sich zum Teil kaum noch den drei Grundsorten zuordnen lassen.
Deutschland gehört übrigens zusammen mit den Niederlanden und den USA zu den größten Kakao-Importeuren. Im Geschäftsbericht 2018/2019 der German Cocoa Trade Association heißt es, dass 2018 laut den vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes der Bundesrepublik Deutschland 469.594 Tonnen Rohkakao (also Kakaobohnen) im Gesamtwert von 997 Millionen Euro nach Deutschland eingeführt wurden. Aus insgesamt 32 Erzeugerländern (13 afrikanischen, 13 lateinamerikanisch-karibischen, und sechs asiatisch-ozeanischen). Mit ungefähr der Hälfte aller importierten Kakaobohnen kamen die meisten von der Elfenbeinküste – das westafrikanische Land ist seit mehr als vierzig Jahren der weltgrößte Kakao-Erzeuger.
Schon gewusst?!
- Der eingangs erwähnte Botanik-Pionier Carl von Linné versuchte tatsächlich, Kakao (ebenso wie Kaffee, Tee, Bananen und Reis) auch in Schweden anzubauen. Scheiterte damit aber – natürlich – am rauen und damit denkbar ungeeigneten Klima seiner Heimat.
- Kakaobohnen sind das Lebensmittel, das die meisten Antioxidantien enthält (also noch mehr als grüner Tee und Rotwein). Insgesamt stecken in jeder einzelnen Bohne über 500 verschiedene Substanzen, darunter Ballaststoffe, viel Kalium, Magnesium und Vitamin E, außerdem Calcium, Eisen, Kupfer, Theobromin, Stearinsäure, Linolsäure, Phenylethylamin und Theophyllin.
- Das im Kakao enthaltene Theobromin ist chemisch eng mit Coffein verwandt (auch das ist, in kleinen Mengen, in Kakao enthalten), wirkt entsprechend ebenfalls anregend, ist aber um einiges verträglicher. Für Haustiere kann es allerdings schon in kleineren Mengen tödlich sein – deshalb ist Schokolade für Hund, Katze & Co. tatsächlich so gefährlich.
- Dass Kakao gute Laune machen kann, liegt u. a. am in ihm enthaltenen Phenylethylamin. Die stimmungsaufhellende Wirkung dieses Alkaloids soll sogar gegen Depressionen und Liebeskummer helfen können. Theophyllin wirkt nachweislich stimulierend auf den Kreislauf und das zentrale Nervensystem.
- Bevor die Europäer das Kakaopulver "verzuckerten", war es auch für herzhafte Speisen ein tolles Gewürz. Und ich persönlich plädiere seit Jahren für diese Art der Wiederentdeckung! Besonders gut macht es sich zum Beispiel in Chili – sowohl con als auch in carne.
- Kakao-Nibs (die kleinen Bruchstückchen der ganzen Kakaobohne) machen sich nicht nur gut als i-Tüpfelchen in und auf Süßspeisen, man kann sie auch als extraraffinierte Panade verwenden! Dabei braucht man lediglich darauf zu achten, dass sie beim Braten nicht schwarz und damit zu bitter werden (also weder zu lange noch zu hoch erhitzen).
- Und last, but not least: Bekannt ist, dass Kakaobutter die Haut pflegt. Das gilt sogar (und erst recht) für sonnenverbrandte. Die wird nämlich durch das Auftragen von reiner Kakaobutter beruhigt und bei der Regeneration wertvoll unterstützt.
Ihr seht, kleine Bohne mit echt großer Wirkung! Oder wie Alexander von Humboldt es schon Anfang des 19. Jahrhunderts voller Bewunderung so passend formuliert hat: "Kein zweites Mal hat die Natur eine solche Fülle der wertvollsten Nährstoffe auf einem so kleinen Raum zusammengedrängt wie gerade bei der Kakaobohne“. Und das auch noch so buchstäblich geschmackvoll.