Vielfältige Powerstangen
Er dürfte so ziemlich das fruchtigste Gemüse sein, das uns nach den Wintermonaten alle Jahre wieder spätestens ab April mit seinem spritzig-säuerlichen Geschmack den Frühling versüßsauert. Ja, richtig gelesen, nicht Obst, sondern Gemüse – genau das ist Rhabarber, botanisch gesehen. Und zwar eins aus der Familie der Knöterichgewächse. Ursprünglich stammt er aus Asien. In China war er schon im 3. Jahrtausend v. Chr. sehr geschätzt – als Arzneimittel. In Deutschland kennt und liebt man ihn hingegen erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts.
Sauer hat jetzt Saison
Nicht immer beglückt die saisonale Köstlichkeit unseren Gaumen hierzulande schon zum Frühlingsanfang im März. In der Regel wird ab April geerntet – und stets maximal bis zum Johannistag, also dem 24. Juni. Danach brauchen die Rhabarberpflanzen eine Pause, damit sie auch im nächsten Jahr wieder schmackhafte Ernte bringen. Zudem steigt ihr Oxalsäuregehalt im Laufe des Frühlings an, was ab ca. Mitte Juni dem guten Geschmack einfach nicht mehr so richtig zuträglich ist. Sauer macht zwar lustig, aber zu sauer ist dann eben doch alles andere. Oxalsäure findet sich übrigens auch in Sauerklee und Sauerampfer. In hohen Mengen kann sie giftig wirken und den Nieren zu schaffen machen. Sie ist es auch, die für das pelzige bis stumpfe Gefühl auf der Zunge sorgt, das man manchmal nach dem Verzehr von Rhabarber hat. Und für den Zahnschmelz ist sie ebenfalls nicht ohne. Darum direkt im Anschluss ans Rhabarberschlemmen die Zähne zu putzen, ist aber überhaupt keine gute Idee. Hier gilt, genau wie beispielsweise auch bei Zitrusfrüchten: Mindestens eine halbe, lieber eine ganze Stunde warten! In der Zeit neutralisiert der Speichel die Säure nämlich bereits wieder, und der Zahnschmelz wird nicht durch Säure UND Putzreibung doppelt strapaziert.
Powerstangen
Eine Möglichkeit, die natürliche Säure des beliebten Frühlingsboten in Schach zu halten, ist natürlich die Zugabe von Zucker. Es kommt aber auch auf die Stange an: So sind die grünen generell saurer als die roten, rohe saurer als gegarte, und ungeschälte saurer als geschälte. Werfen wir aber auch noch einen Blick auf all die richtig guten inneren Werte, die Rhabarber von Natur aus mit sich bringt. Das sind nämlich neben Vitamin C, Calcium und Eisen auch Kalium, Magnesium, Phosphor und der Ballaststoff Pektin. Letzterer ist förderlich für die Verdauung. Wer Rhabarber aus eigenem Anbau genießen möchte, muss sich nach dem Anpflanzen erst mal zwei Jahre gedulden. Denn so lange braucht die übersetzt "Fremdländische Pflanze", bis ihre schmackhaften Stiele unter den voluminösen (und ungenießbaren!) Blättern ausreichend lang und geschmacklich reif für die Ernte sind. Eingewickelt in ein feuchtes Tuch, halten die leckeren Stangen sich im Kühlschrank einige Tage. Am besten schmecken sie aber, natürlich, möglichst frisch.
Sauer trifft Süß und Herzhaft
Rhabarber-Rezepte gibt's viele. Grundsätzlich entfernt man vorm Genuss von der Stange das obere Blatt und untere Ende, schält ihre faserige, dünne Haut und schneidet sie dann in Stücke, die kurz in kochendem Wasser blanchiert werden. Sowohl das Schälen als auch das Garen reduzieren den Oxalsäuregehalt und machen das fruchtige Gemüse bekömmlicher. Anschließend kann man den Rhabarber mit mehr oder weniger Zucker plus – ganz nach Belieben – Gewürzen wie Vanille, Kakao oder Tonkabohne zu Kompott verarbeiten, Konfitüre daraus kochen, als Kuchenbelag verwenden, einen fruchtigen Salat daraus zaubern und so weiter. Dabei macht er sich nicht nur ganz hervorragend in Kombination mit Süßem! Auch zu Fisch und Fleisch passt sein spritziges Aroma ganz – buchstäblich – außergewöhnlich gut ... Probiert's mal aus und genießt die Rhabarber-Saison 2017 so lange es geht!