Das neue Mindestverzehrfähigkeitsdatum soll Hilfestellung bieten
Viele Verbraucher halten das bekannte und von der EU rechtlich vorgeschriebene Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) fälschlicherweise für das Verfallsdatum von Lebensmitteln und werfen diese nach Ablauf desselbigen voreilig weg. Das Institut für Lebensmittelwertschätzung stellt nun die Idee des ergänzenden Mindestverzehrfähigkeitsdatums (MVD) vor und will der Lebensmittelverschwendung so den Kampf ansagen. Das MHD gibt nämlich lediglich an, bis zu welchem Datum ein Produkt seine spezifischen, vom Hersteller angepriesenen Eigenschaften mindestens behält, beispielsweise die typische Farbe oder Textur eines Brotaufstrichs. Ungenießbar wird es mit der Überschreitung des MHDs deswegen nicht. Das vom Institut für Lebensmittelwertschätzung entwickelte MVD soll nun eine hilfreiche Ergänzung zum MHD darstellen und mit auf die Fertigpackungen gedruckt werden. Es gibt an, bis zu welchem Zeitpunkt das entsprechende Produkt wirklich noch sicher verzehrfähig ist.
Über zwei Drittel aller weggeworfenen Lebensmittel wären vermeidbar
Jährlich landen weltweit rund 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel im Müll. Das entspricht dem Gewicht von 13.000 Blauwalen oder 130 Eifeltürmen. Alleine in Deutschland werden jährlich 11 Millionen Tonnen an Lebensmitteln weggeworfen. „Wir wollten nicht mehr länger auf die Politik warten. Mit unserer Methode hoffen wir, einen großen Beitrag zum nachhaltigen Konsum zu leisten. Allein durch Aufbringen des MVDs auf jedem Produkt können wir vermutlich die Verschwendung von Lebensmitteln im Bereich MHD-Ware um 70-80 % reduzieren“, so Matthias Beuger, Gründer des Instituts für Lebensmittelwertschätzung.
Wie funktioniert das MVD?
Die Kriterien zur Vergabe des MVDs entsprechen denselben Kriterien, die auch beim bekannten MHD Anwendung finden. Das neue MVD wird mit einem Prüfsiegel, Zertifikat und einer sogenannten Online-Trackingnummer vergeben. Fortlaufende Analysen und Qualitätsüberwachungen im Labor garantieren hier die Verzehrfähigkeit eines Lebensmittels. Die Analyseergebnisse sind jederzeit über die Trackingnummer in einer Online-Datenbank einsehbar. Das bietet nicht nur den Verbrauchern Sicherheit und Orientierung, sondern bringt auch den Herstellern und Händlern Vorteile – denn auf diesem Wege halten sie vorgeschriebene Prüfwerte ein, können länger mit den gekennzeichneten Lebensmitteln wirtschaften und gleichzeitig dazu beitragen, die Lebensmittelverschwendung einzudämmen. Nur bei sehr wenigen Produkten macht das MVD keinen Sinn. So zum Beispiel für besonders leicht verderbliche Produkte wie Roh- und Hackfleisch oder Frischmilch. Hier würde sich der Aufwand zur Neueinschätzung der verlängerten Haltbarkeit um nur wenige Tage einfach nicht lohnen.
Das könnt ihr gegen Lebensmittelverschwendung tun
Keine Sorge, bis sich das MVD durchgesetzt hat, müsst ihr nicht zwangsläufig beim Supermarkt eures Vertrauens in die Abfallcontainer steigen, um verfrüht ausrangierte Lebensmittel zu retten. (Rein rechtlich wäre das auch Diebstahl, by the way!) Es geht auch anders und vor allem sauberer: Der Klassiker – Foodsharing. Über sogenannte Fair-Teiler-Zentren werden Lebensmittel feilgeboten, die das MHD bereits überschritten haben oder es gar nicht erst in den Handel geschafft haben, weil sie laut EU-Norm zu krumm und unansehnlich sind. Apps, wie zum Beispiel Too Good to Go oder ResQ Club, zeigen dir Restaurants in deiner Nähe, die Lebensmittel übrig und abzugeben haben. Es gibt auch Restaurants, wie zum Beispiel das Restlos Glücklich in Berlin, die von Vorneherein ausschließlich Reste verarbeiten, die sie direkt von Großhändlern und Produzenten beziehen. Und der Ur-ur-ur-Vater der Foodsharing-Bewegung, Raphael Fellmer, denkt das Konzept noch einmal weiter und bietet mit seinem Start-up SirPlus überschüssige Lebensmittel in Berlins erstem Food-Outlet-Laden sowie per Same-Day-Delivery über den dazugehörigen Online-Shop an.