Das selbstversorgende Dorf wird Wirklichkeit
Ein Dorf, das alles, was die Bewohner zum Leben brauchen, selbst produziert – hört sich nach einer Utopie an. Doch die Zukunft wird in den Niederlanden bereits in diesem Jahr Realität. In Almere, einem Vorort von Amsterdam, wird an dem ersten Dorf gebaut, das sich komplett selbst versorgt. Das sogenannte ReGen Village, was so viel heißt wie „regeneratives Dorf“, wird sich selbst mit Nahrungsmitteln, Wasser und Energie versorgen sowie eine eigene Müllentsorgung haben.
So sieht das Öko-Dorf aus
Die Idee dazu stammt von dem amerikanischen Projektentwickler James Ehrlich, der das Dorf in Zusammenarbeit mit dem dänischen Architekturbüro Effekt realisiert. Bis Ende 2017 soll das ReGen Village bezugsfertig sein. Das Modell-Dorf ist so angelegt, dass Wohnbereiche und jene, die zur Versorgung genutzt werden, unmittelbar in Berührung stehen – anders als heute in Städten üblich, wo Wohnen und Produzieren weit voneinander entfernt stattfinden. Die 25 Wohnhäuser mit durchschnittlich 120 Quadratmetern Wohnfläche werden im Kreis angeordnet, während Gewächshäuser, Gärten, Weiden und Aquaponik-Anlagen im Zentrum liegen – umgeben von Gemeinschaftseinrichtungen wie Spielplatz, Park und Schwimmbad. Auch mit selbst produziertem Ökostrom geladene Elektroautos soll es geben.
Wie funktioniert die Selbstversorgung?
Für die Lebensmittelversorgung bietet das Öko-Dorf zahlreiche Produktionsstätten: normale saisonabhängige Gärten, beheizte Gewächshäuser, die um und über den Gebäuden herum installiert sind, Vertical Farms, Viehhaltung und Aquaponik. Bei Letzterem handelt es sich um eine Fischzucht, die mit Pflanzenanbau in Hydrokultur kombiniert wird, indem die Exkremente der Fische als Dünger für die Pflanzen genutzt werden. Gefüttert werden die Fische mit Fliegenlarven. Da sich die Fliegen genauso wie die zur Fleischproduktion gehaltenen Nutztiere von kompostiertem Abfall ernähren, überschneiden sich an dieser Stelle die Kreisläufe der Nahrungsmittelproduktion und der Müllentsorgung. Der unkompostierbare Bestandteil des Mülls wird dagegen zur Energieproduktion verbrannt. Die restliche benötigte Energie soll durch Solar- und Biogasanlagen gedeckt werden. Überschüssige Energie wird gespeichert, um das Dorf auch dann zu versorgen, wenn gerade keine Energie produziert wird. Für die Wasserversorgung soll Regenwasser als Bewässerung und Trinkwasser gleichermaßen dienen – in einer gefilterten und einer ungefilterten Variante. Auch hier sorgen Speicher für die Versorgungssicherheit.
Weniger Wasser- und Landverbrauch
Eine Aquaponik-Anlage benötigt nur etwa ein Zehntel des Wassers, das konventionelle Landwirtschaft verbraucht. Weil beim Vertical Farming in die Höhe gegärtnert wird, ist der Ertrag zehn bis zwanzig Mal höher als auf einer durchschnittlichen Ackerfläche. Mit dem neusten Stand der Agrartechnik wollen die Macher des Zukunftsdorfes einen zehnfachen Ernteertrag mit 90 Prozent weniger Wassereinsatz erzielen. Auch der Flächenverbrauch soll sinken. Lediglich 639 Quadratmeter Land soll zur Versorgung einer dreiköpfigen Familie genutzt werden. Nach Angaben der Effekt-Architekten werden aktuell bei herkömmlicher Landwirtschaft 8.100 Quadratmeter benötigt. Angesichts der Tatsache, dass die Weltbevölkerung bis 2050 auf rund zehn Milliarden Menschen anwachsen wird und Ressourcen knapp werden, hat das nachhaltige Wohn- und Lebenskonzept Potential. Der Andrang auf das Dorf ist bereits sehr groß. Daher planen Ehrlich und Effekt weitere ReGen Villages in Dänemark, Norwegen und auch Deutschland.